Etwa 150 aktive Ölförderanlagen befinden sich im mittleren Abschnitt der Vjosa. Aus ihnen tritt regelmäßig Rohöl aus, sie verschmutzen das Wasser, zerstören Lebensräume und schädigen die heimische Tierwelt. © Riverwatch
Im Juni 2025 wurde ein Rohölaustritt in die Vjosa bei Pocem dokumentiert. © Riverwatch
Bitumen-Verarbeitungsanlage am Ufer der Vjosa bei Selenica © Joshua.D.Lim
Mülldeponie „Majkosh“ der Gemeinde Tepelena © Joshua.D.Lim

Wachsende Belastungen gefährden den Vjosa Wildfluss-Nationalpark – dringender Handlungsbedarf

Tirana, Vienna, Radolfzell – July 1, 2025 –   Zwei Jahre nach ihrer historischen Ausweisung als Europas erster Wildfluss-Nationalpark im März 2023 steht die Vjosa weiterhin unter ständigem Druck. Bergbau- und Förderindustrie, der Ausbau der Infrastruktur sowie Missmanagement gefährden die ökologische Integrität des Nationalparks und seinen globalen Naturschutzwert. Wenn die albanische Regierung diese Belastungen weiterhin ignoriert, besteht die Gefahr, dass der Vjosa-Nationalpark zu einem „Papierpark“ wird, der zwar rechtlich besteht, aber in der Realität keinen Schutz bietet.

Gleichzeitig strebt die albanische Regierung den Status eines UNESCO-Biosphärenreservats für das Vjosa-Tal an. Solange jedoch die beschriebenen Bedrohungen für die Vjosa nicht angegangen und bewältigt werden, wird die Aufnahme in die Liste der Biosphärenreservate nur symbolisches Prestige bedeuten; ein wirklicher Schutz vor Ort bliebe aus.

Ein neuer Bericht –  Mapping Pressures in the Vjosa Wild River National Park, – dokumentiert die genannten Bedrohungen im Detail. Die Analyse, die der Nationalen Agentur für Schutzgebiete in Albanien im März 2025 vorgelegt wurde, unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf der Regierung.

Die größten Bedrohungen für den Vjosa-Nationalpark

  • Ölförderung: Unzureichend überwachte Ölförderung bedroht die Biodiversität und die Wasserqualität der Vjosa. Es wurden zahlreiche Öllecks dokumentiert, die das Wasser verunreinigen und die aquatischen Ökosysteme schädigen. Obwohl der Managementplan des Nationalparks ein Verbot vorsieht, kommt es Berichten zufolge immer wieder zu unkontrollierten Ölverschmutzungen entlang der Flussufer.
  • Bitumengewinnung und -verarbeitung: Der Abbau von Bitumen im mittleren Teil des Flusses verursacht schwere Umweltschäden. Die illegale Entsorgung von Bergbauabfällen dauert an und gefährdet Lebensräume und Wassersysteme. Diese Praktiken sind zwar verboten, doch werden diese Verbote nur unzureichend geahndet.
  • Wasserentnahme: Die übermäßige Wasserentnahme für die Landwirtschaft, die Industrie und den Tourismus trägt zu einer Verringerung der Wassermenge im Fluss bei, was wiederum die aquatischen Ökosysteme und die flussabwärts gelegenen Gemeinden beeinträchtigt. Da der Klimawandel die Wasserverfügbarkeit in der Vjosa bis 2050 voraussichtlich um 30 Prozent verringern wird, wird die unkontrollierte Wasserentnahme zu einer noch größeren Bedrohung.
  • Kiesentnahme: Die kontinuierliche Kiesentnahme an der Vjosa beeinträchtig die Hydrologie des Flusses, zerstört die Laichplätze der Fische und destabilisiert das Flussbett.
  • Städtische Abfälle und Abwässer: Eine unzulängliche Abfall- und Abwasserwirtschaft verschmutzt den Fluss und gefährdet die Tierwelt sowie die öffentliche Gesundheit. Mülldeponien befinden sich oft zu nahe an den Ufern der Vjosa, so dass die Gefahr einer Verschmutzung bei Hochwasser besteht. Ländliche Gebiete tragen in erheblichem Maße zur Kunststoffverschmutzung bei, und unbehandelte Abwässer werden direkt in die Vjosa eingeleitet.

Zusätzlich zu diesen fünf Hauptbedrohungen gefährdet die unkontrollierte Entwicklung des Tourismus die ökologische Integrität des Vjosa Wildfluss-Nationalparks. Während nachhaltiger Tourismus willkommen ist, stellt die rasche und schlecht geplante Expansion von touristischer Infrastruktur eine Herausforderung für die Erhaltung von Lebensräumen, das Besuchermanagement und die ökologische Widerstandsfähigkeit dar.

What must happen now

The severity of some of these environmental pollution incidents would be considered environmental crimes even outside of a protected area. In the context of a newly established national park, such violations are particularly alarming and require urgent action to preserve the credibility of the protected area designation. Therefore, we call on the Albanian government and the Ministry of Tourism and Environment to:

  • Enforce strict regulations to monitor and prevent extractive and polluting activities such as bitumen mining, oil spills, and gravel extraction.
  • To oblige companies in the raw materials industry to develop and implement renaturation projects in accordance with the polluter pays principle.
  • To strictly control water abstraction and to take measures together with the municipalities and the Ministry of Agriculture to prevent improper use.
  • The locations of municipal landfills must be reviewed and, if necessary, relocated to prevent plastic pollution of waterways. Municipalities must also develop and implement measures to remediate existing landfills and improve their waste management systems and wastewater treatment plants.
  • Strictly monitor the uncontrolled development and expansion of tourist infrastructure near the national park, as this may endanger biodiversity and undermine the park's conservation objectives.

Why the Vjosa is important

The Vjosa River system is home to over 1,100 species, including 13 globally threatened species, and is one of the last large, free-flowing rivers in Europe. Its designation as an IUCN Category II National Park was a significant milestone for international river conservation. 

"This park has been celebrated worldwide, but the reality on the ground is quite different. Without decisive political will, the Vjosa River risks being protected only on paper," says Olsi Nika of EcoAlbania.